OBM Jung: Meinung aus berufenem Munde zur Nicht-Abwahl des Kulturbürgermeisters
Dieser Artikel wurde unserer Redaktion „zugespielt“. Er gibt die Meinung einer bedeutenden Persönlichkeit Leipzigs wieder. Pfarrer Wolff. Er genießt sehr hohes Ansehen in der Bevölkerung und bei den Kulturschaffenden.
Originaltext Pfarrer Wolff unkommentiert
Der Stadtrat hat entschieden: Kulturbürgermeister Michael Faber wurde nicht abgewählt – ein SuperGAU für unsere Stadt. Darüber wird und darf kein Gras wachsen. Darum eine Erinnerung an das, was ich am 22. April 2009 nach der Wahl von Faber geschrieben haben (siehe Anlage) und ein paar Gedanken zum heutigen Tag. Und wer sich fragt, warum diese scharfe Kritik: den möchte ich daran erinnern, dass dieser Kulturbürgermeister so en passant den Ensembles, die Kantaten in den Motetten in der Thomaskirche aufführen wollen, wenn der Thomanerchor diese nicht gestaltet, die finanzielle Unterstützung versagt – nicht, weil gespart werden muss, sondern weil die Stadt keine Musik fördern könne, die in Gottesdiensten aufgeführt wird. Das ist die Vorstufe für das alte Vorhaben dieses Kulturdezernenten (im Verbund mit dem STASI-Mitarbeiter Volker Külow), Thomanerchor und Thomaskirche auseinander zu bekommen. Wir haben ihn im Juni 2009 schon richtig verstanden, als er den Frontalangriff auf den Thomanerchor startete. Und nun bleibt er im Amt: nach der Schande das Desaster.
Sehr besorgt grüßt
Christian Wolff
Nach der Schande das Desaster
Da wurde im April 2009 von der Mehrheit des Stadtrates ein Unfähiger zum Kulturbürgermeister gewählt – gegen allen gut gemeinten Rat aus der gesamten Kulturszene. Da versuchen diejenigen, die diese Wahl auf Biegen und Brechen durchgesetzt haben, 16 Monate später diesen kapitalen Fehler wettzumachen, indem sie eine Abwahl des Kulturbürgermeisters in Gang setzen – bekommen es aber nicht hin, was ihrem politischen Unvermögen durchaus entspricht. Und nun bleibt der Unfähige im Amt – und die Kultur Leipzigs ist geschädigt und der Oberbürgermeister samt Stadtrat sind blamiert bis auf die Knochen. Wenn es doch wenigstens so wäre, dass in den 16 Monaten seiner Amtszeit Michael Faber auch nur einen Vorbehalt durch konkrete Arbeit widerlegt hätte – dann könnte man mit diesem Ergebnis leben. Aber nichts ist geschehen. Vielmehr hat sich bis heute alles bewahrheitet, was vor der Wahl befürchtet wurde: Michael Faber hat kein Verhältnis zu den Säulen der Kultur dieser Stadt, aber auch nicht zur sog. freien Szene.
• Er versteht wenig von der geistigen und nichts von geistlichen Tradition Leipzigs.
• Er ist ein politischer Dilettant – nicht nur im Blick auf die jüngste Geschichte dieser Stadt, auch im Tagesgeschäft des Rathauses.
• Er hat nichts getan, um den Eindruck zu erwecken, dass er sich in irgendeiner Frage der Kulturpolitik Leipzigs kompetent gemacht hat.
• Er hat nicht eine Rede gehalten, von der es sich lohnt zu reden – mit einer Ausnahme: am 04. November 2010 kam es in der Thomaskirche zu Beginn des Konzertes zu Mendelssohns Todestag zu einem der vielen peinlichen Auftritte des Kulturdezernenten, von denen man sich nur mit Grausen abwenden kann. Wie ein blasierter Konfirmand stand er vorm Mikrophon und stotterte etwas Belangloses über Mendelssohn zusammen und las dann das Programm vor – und rauschte ab, ohne auch nur einen Ton der Musik gehört zu haben. Pars pro toto.
Vor 16 Monaten schrieb ich: „Die Wahl ist eine Schande“. Jetzt hat sich ein politisches Desaster dazu gesellt. Wie kann es weitergehen? Mit denen, die das alles zu verantworten haben? Diese Stadt braucht einen Neuanfang – und zwar auf der ganzen Linie.